Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Flensburg in seinem Beschluss vom 03.03.2023 – II QS 9/23 auseinanderzusetzen. Anlass dafür war das Verhalten von mehreren Personen in einem Pkw auf dem Autozug, als dieser den Hindenburgdamm zwischen Sylt und dem Festland befuhr. Es wurde beobachtet, wie die Insassen eines Pkw während der Überfahrt Alkohol konsumierten. Bei Verlassen des Autozugs wurde das Fahrzeug angehalten und der Fahrer einer Alkoholprobe unterzogen, die letztendlich eine BAK von 1,26 Promille ergab. Die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit liegt bei 1,1 Promille. Deshalb wurde dem Fahrer vorgeworfen, sich gemäß § 316 StGB strafbar gemacht zu haben. Dieser verteidigte sich damit, dass er nicht „im Verkehr“ ein Fahrzeug geführt habe, da er sich noch nicht auf öffentlichen Straßen befunden habe, als er vom Zug abgefahren sei. Aus diesem Grund bestand Veranlassung für zunächst das Amtsgericht Flensburg und in der Rechtsmittelinstanz des Landgericht Flensburgs sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Verstoß „im öffentlichen Verkehr im Sinne von § 316“ begangen wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er mit Genehmigung des Grundstücksbesitzers oder Verfügungsberechtigten für jedermann oder für eine nicht bestimmte größere Anzahl von Personen für die Benutzung zugelassen ist und so benutzt wird. Herkömmlicher Rechtsprechung nach trifft dies vor allem für Parkplätze zu, die von jedermann befahren werden dürfen. Darauf, ob der Platz hoheitlich als öffentlicher Verkehrsraum genehmigt wurde oder vom Staat zur öffentlichen Benutzung zur Verfügung gestellt wurde, kommt es nicht an. Entscheidend ist die Art der tatsächlichen Nutzung. Der Charakter als öffentliche Verkehrsfläche wird auch nicht dadurch beseitigt, dass man für das Befahren eine entgeltliche Erlaubnis benötigt oder dass nur eine begrenzte Anzahl von Personen den Verkehrsraum befahren kann, wenn mehr Platz nicht zur Verfügung steht. Auch Schranken, wie beispielsweise bei Parkhäusern, ändern nichts daran, dass es sich um öffentlichen Verkehrsraum handelt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn vor Befahren des Verkehrsraums durch Beschilderung oder ähnliches vom Eigentümer signalisiert wird, dass der Verkehrsraum nur von bestimmten Personen befahren werden darf, wie z.B. von Werksangehörigen oder Lieferanten. Allein die Beschränkung auf „Kunden“ ist zu global, denn Kunde kann jeder sein.
Für den Autozug entschieden die Gerichte in erster und zweiter. Instanz, dass das „Sylt-Shuttle“ öffentlicher Verkehrsraum sei. Es sei unschädlich, dass für die Überfahrt ein Ticket benötigt werde, da jeder dieses Ticket erwerben könne und lediglich die Kapazität des Autozugs die Anzahl der Nutzer bzw. der den Zug Befahrenden beschränke. Bei dem Autozug selbst und den dazugehörigen Terminals handelt es sich demzufolge um öffentlichen Verkehrsraum, sodass die Straftat dadurch begangen wurde, dass sich der Betreffende alkoholisiert mit seinem Fahrzeug auf dem Zug und auf den Zufahrten zum und vom Zug bewegt hatte.
Diese Entscheidung ist durchaus übertragbar auf andere Autozüge oder auch auf Fähren im Geltungsbereich des deutschen Strafgesetzbuches.